Ein Unfall bleibt nur selten ohne Folgen. Neben den Sachschäden und den Verletzten, die im ersten Moment im Vordergrund stehen, gibt es auch rechtliche sowie versicherungstechnische Konsequenzen, mit denen sich jeder Unfallbeteiligte im Nachhinein auseinandersetzen muss.
Vor allem im Rahmen der Schadensregulierung ist einiges zu beachten. Dabei steht in erster Linie die Schuldfrage im Raum. Denn darüber entscheidet sich, welche Versicherung für den Schaden eintritt und in welchem Umfang die Kosten beglichen werden.
Doch welche Folgen hat es, wenn Sie als Brillenträger ohne entsprechender Sehhilfe einen Unfall verursacht haben oder zu mindestens eine Teilschuld tragen? Wie sieht in einem solchen Falle die Schadensabwicklung aus? Und mit welchen rechtlichen Konsequenzen müssen Sie gegebenenfalls rechnen?
Inhaltsverzeichnis
Ist das Fahren ohne Brille überhaupt erlaubt?
Bevor wir zu der Frage kommen, ob ein Unfall ohne Brille rechtliche Folgen hat, muss geklärt werden, ob Sie im Straßenverkehr auch ohne Brille unterwegs sein dürfen, wenn Sie normalerweise eine Brille oder Kontaktlinsen tragen.
Wird durch einen Sehtest eine Sehschwäche festgestellt, sollte dies in Spalte 12 des EU-Führerscheins vermerkt werden.
Folgende Schlüsselzahlen sind für den Brillenträger gemäß Anlage 9 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) relevant:
- 1 für Sehhilfe und/oder Augenschutz
- 01.01 für eine Brille
- 01.02 für Kontaktlinsen
- 01.03 für eine Schutzbrille
Folgen für das Fahren ohne Brille
Sollte während einer polizeilichen Kontrolle festgestellt werden, dass Sie zum Tragen einer Sehhilfe beim Autofahren verpflichtet sind und keine Brille oder Kontaktlinsen tragen, müssen Sie in jedem Falle mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von 25 Euro rechnen.
Dabei spielt die Gefährdungshöhe im Zusammenhang mit der Verkehrssituation eine zentrale Rolle und wird bei einem eventuellen Verstoß berücksichtigt.
Die Ausrede, die Brille oder Linsen vergessen zu haben, gilt bei der Polizei nicht als Entschuldigung. Eine Ersatz-Sehhilfe im Fahrzeug zu deponieren, ist von Vorteil.
Unfall ohne Brille verursacht? – Rechtliche Folgen
Fahren Sie ohne Brille und ein Unfall ereignet sich, kann dies als Fahrlässigkeit gewertet werden. Damit verstoßen Sie gemäß § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die Sorgfaltspflicht.
Unter Umständen können Ihre Handlungen auch als grobe Fahrlässigkeit interpretiert werden. In beiden Fällen muss die konkrete Unfallsituation betrachtet werden.
Schlimmstenfalls kann Ihnen fahrlässige Körperverletzung oder gar fahrlässige Tötung im Straßenverkehr vorgeworfen werden, wenn Sie einen Unfall ohne Brille verursachen oder mindestens eine Teilschuld tragen.
- Gemäß § 229 Strafgesetzbuch führt fahrlässige Körperverletzung zu einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
- Laut § 222 Strafgesetzbuch ist bei fahrlässiger Tötung mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe zu rechnen.
Neben der Freiheits- oder Geldstrafe wird ein zusätzliches Bußgeld verhängt sowie ein Fahrverbot und drei Punkte in Flensburg.
Versicherungstechnische Konsequenzen
Neben den strafrechtlichen Auswirkungen für einen Unfall ohne Brille müssen Sie auch mit weiteren Folgen rechnen. Denn, wie bereits erwähnt, ist die Schuldfrage entscheidend für die Abrechnung der Schäden über die Versicherung.
Im Zweifelsfall übernimmt die Versicherung aufgrund grober Fahrlässigkeit Ihrerseits keinerlei Kosten und Sie müssen den Schaden selbst bezahlen.
Die Versicherung wird sich in einem solchen Fall mit großer Wahrscheinlichkeit auf § 26 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) berufen – Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung:
Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet […] Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
FAQ: Unfall ohne Brille
Ja, wenn es einen entsprechenden Vermerk auf Ihrem Führerschein gibt, sind Sie verpflichtet, die Sehhilfe während der Fahrt zu tragen. Kommen Sie dem nicht nach, droht ein Verwarnungsgeld von 25 Euro.
Im schlimmsten Fall wird Ihnen (grobe) Fahrlässigkeit oder gar fahrlässige Körperverletzung oder Tötung vorgeworfen. Dann handelt es sich um eine Straftat im Straßenverkehr, die mit einer Geld- oder Haftstrafe geahndet wird.
Der Versicherer kann bei einem Unfall ohne Brille den Schutz und damit alle Leistungen versagen.