In Deutschland besteht eine sogenannte situative Winterreifenpflicht. Dies bedeutet, dass Sie als Autofahrer nicht ab einem bestimmten Datum zum Aufziehen von Winterreifen verpflichtet sind, sondern nur dann, wenn die Witterungs- und Straßenverhältnisse dies erfordern. Sobald also auf den Straßen Schnee oder Glatteis herrschen, dürfen Pkws, Lkws oder Busse nur noch mit geeigneter Bereifung gefahren werden.
Aber was genau ist darunter zu verstehen? Darf man mit Allwetterreifen (oder „Ganzjahresreifen“) im Winter fahren? Oder sind nur echte Winterreifen zulässig? Wie verhält es sich mit dem Versicherungsschutz, wenn Sie mit Allwetterreifen im Winter fahren und ein Unfall passiert? Und wie gut sind Ganzjahresreifen im Winter überhaupt? Diese Fragen beantwortet der folgende Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
Wird die Winterreifenpflicht durch Ganzjahresreifen erfüllt?
Die Frage „Sind Ganzjahresreifen auch im Winter zulässig?“ beantwortet sich eigentlich schon durch den Begriff. Denn wie der Name vermuten lässt, sind Ganzjahresreifen darauf ausgelegt, zu jeder Jahreszeit benutzt zu werden. Gleiches impliziert der synonym gebrauchte Begriff „Allwetterreifen“: Diese Reifen lassen sich sowohl bei Nässe und Kälte als auch bei Trockenheit und Hitze verwenden. Es ist prinzipiell erlaubt, mit Allwetterreifen im Winter zu fahren anstelle von Winterreifen.
Als Autofahrer sparen Sie sich dadurch nicht nur die Anschaffungskosten für einen zweiten Reifensatz, sondern auch den halbjährlichen Reifenwechsel.
Eine Sache gilt hier allerdings zu beachten: Um die gesetzlichen Vorschriften zu erfüllen, dürfen Sie nicht einfach irgendwelche Winter- oder Allwetterreifen im Winter auf Ihr Fahrzeug ziehen. Nein, diese müssen auch bestimmten Mindestanforderungen genügen. Deswegen sind nur Winter- oder Allwetterreifen zulässig, die eine bestimmte Kennzeichnung aufweisen:
- Reifen, die vor dem Jahr 2018 produziert wurden, müssen entweder die Markierung „M+S“, „M&S“ oder eine ähnliche Variation aufweisen (steht für „Matsch und Schnee“) oder das Alpine-Symbol: ein Bergpiktogramm mit einer Schneeflocke.
- Reifen, die nach dem 31.12.2017 hergestellt wurden, müssen in jedem Fall mit dem Alpine-Symbol markiert sein, um hierzulande zugelassen zu werden.
Möchten Sie Allwetterreifen im Winter nutzen, entscheidet also ihre Kennzeichnung und ihr Herstellungsdatum, ob sie zulässig sind. Wurden Ihre Reifen vor Januar 2018 produziert und weisen nur ein „M+S“-Symbol auf, dürfen Sie diese trotzdem noch bis zum 30. September 2024 nutzen. So lange gilt die Übergangsfrist, bis ausschließlich das Alpine-Symbol auf den winterlichen Straßen erlaubt ist.
Unfall mit Allwetterreifen im Winter: Versicherungsschutz
Sind Sie trotz winterlicher Straßenverhältnisse mit ungeeigneter Bereifung unterwegs, müssen Sie mit einem Bußgeld und einem Punkt in Flensburg rechnen. Doch es sind noch andere Konsequenzen zu befürchten. Denn kommt es im Zuge dessen zu einem Unfall, kann es passieren, dass Ihre Haftpflichtversicherung Regressforderungen an sie stellt aufgrund von Obliegenheitsverletzungen. Obendrein kann Ihnen bei falscher Bereifung eine Mithaftung auferlegt werden, selbst wenn Sie den Unfall nicht verschuldet haben.
Aber was zählt hier als falsche Bereifung? Reichen Allwetterreifen im Winter aus, um den vollen Versicherungsschutz zu genießen? Die kurze Antwort darauf lautet: Ja, das tun sie. Solange Ihre Allwetterreifen die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Kennzeichnung aufweisen, müssen Sie bei einem Unfall keine Konsequenzen aufgrund falscher Bereifung fürchten, denn die gesetzlichen Bestimmungen diesbezüglich haben Sie hiermit erfüllt.
Wie gut sind Allwetterreifen im Winter?
Es wurde nun hinreichend geklärt, dass Allwetterreifen im Winter durchaus genutzt werden dürfen. Aber sollten sie es auch? Sommer- und Winterreifen weisen grundverschiedene Eigenschaften auf, durch die die Räder je nach Witterungsverhältnissen bessere Haftung auf den Straßen haben:
- Winterreifen bestehen aus einer weicheren Gummimischung, die bei Temperaturen unter 7° C nicht so schnell erhärtet. Außerdem weisen Sie ein tieferes Profil mit Lamellen auf, weshalb sie bei Glätte, Schnee und Matsch besseren Halt auf den Straßen finden.
- Die Gummimischung von Sommerreifen wiederum sorgt dafür, dass diese bei höheren Temperaturen nicht weich werden. Aufgrund ihres geringeren Profils haben sie außerdem eine bessere Haftung auf trockenen ebenen Straßen.
Möchten Sie den ständigen Reifenwechsel vermeiden und entscheiden sich dafür, Allwetterreifen sowohl im Winter als auch im Sommer zu verwenden, muss Ihnen bewusst sein, dass Sie damit einen Kompromiss eingehen. Denn letztendlich sind weder die Materialmischung noch das Profil bei extremen Witterungsbedingungen optimal.
Daher wird ein Allwetterreifen im Winter immer schlechtere Haftungseigenschaften aufweisen als ein Winterreifen – und bei großer Hitze ist er einem Sommerreifen deutlich unterlegen.
FAQ: Allwetterreifen im Winter
Ja, die Winterreifenpflicht ist auch erfüllt, wenn Sie mit Allwetterreifen im Winter fahren.
Sowohl Allwetter- als auch Winterreifen müssen entweder die Markierung „M+S“ (oder eine Variante davon) oder das Alpine-Symbol aufweisen. Reifen, die nach 2017 produziert wurden, benötigen zwingend das Alpine-Symbol.
Nein. Allwetterreifen stellen einen Kompromiss dar und sind bei extremen winterlichen Bedingungen „echten“ Winterreifen unterlegen.