Was bedeutet Erste Hilfe?
Inhaltsverzeichnis
Wenn ein Verkehrsunfall mit Personenschaden geschieht, dann gilt es schnell zu handeln. Das Gesetz schreibt in Deutschland zudem vor, dass eine Person, wenn sie Zeuge eines Unfalls oder Entdecker eines Unfallgeschehens ist bzw. wird, Hilfe zu leisten hat. Ansonsten würde sich die Person des Tatbestandes der unterlassenen Hilfeleistung strafbar machen. Konkret drohen hier eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe sowie drei Punkte in Flensburg.
War ein Fahrer sogar an dem Unfall beteiligt und verlässt daraufhin den Unfallort, dann kann ihm wegen Unfallflucht ebenfalls eine harte Strafe drohen. Diese beiden Vergehen sind durch das Strafrecht im Strafgesetzbuch reglementiert. Eine Unfallflucht kann sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zur Folge haben.
Dabei ist es extrem wichtig – vor allem als Ersthelfer – Erste Hilfe zu leisten, denn dies kann Leben retten. In diesem Ratgeber erfahren Sie alles Wissenswerte zum Thema „Erste Hilfe“. Dazu gehören die Erläuterung der sogenannten Rettungskette und die Beschreibung diverser Erste-Hilfe-Maßnahmen sowie die Klärung von Fragen zu Erste-Hilfe-Modalitäten.
Ersthelfer: Was ist zu tun?
In erster Linie sollte sich ein jeder Mensch darüber im Klaren sein, wie bedeutend es ist, Erste Hilfe zu leisten. Die Devise lautet: Anhalten und – so gut wie möglich dies in der Kraft und in der Psyche des Fahrers liegt – helfen.
Trifft nun ein Autofahrer als Ersthelfer am Unfallort ein, dann sollte er folgende Punkte der Rettungskette durchführen:
- Die Unfallstelle absichern und für den eigenen Schutz sorgen
- Notruf wählen und Notarzt rufen (die Telefonnummer lautet in Deutschland 112)
- Lebensrettende Sofortmaßnahmen anwenden; bei Unsicherheiten unter Anleitung des Notarztes am Telefon
- Weitere Erste-Hilfe-Maßnahmen, wie zum Beispiel die Versorgung von Wunden
Die letzten Punkte der Rettungskette betreffen den Ersthelfer nicht mehr direkt:
- Die Rettungskräfte treffen ein
- Alle verletzten Personen werden mit dem Krankenwagen in ein nahegelegenes Krankenhaus transportiert und dort medizinisch versorgt
Das Sichern der Unfallstelle beinhaltet im Übrigen das Anschalten des Warnblinkers, Anziehen der Warnweste und das Aufstellen des Warndreiecks. Warnweste sowie Warndreieck müssen dringend im Auto vorhanden sein, ebenso wie ein Verbandskasten für den Notfall.
Wenn Sie den Krankenwagen rufen und die Notarzt-Nummer gewählt haben, dann werden Sie vermutlich die sogenannten W-Fragen beantworten müssen:
- Wo ist der Unfall passiert?
- Was ist geschehen? Was hat zum Unfall geführt?
- Wie viele verletzte Personen gibt es?
- Welche Art der Verletzungen weisen die Opfer auf?
Es ist wichtig, dass Sie alle Fragen so gut es geht beantworten. Natürlich können Sie dem Ansprechpartner auf der anderen Seite der Leitung ebenfalls Fragen zum weiteren Verhalten beim Unfall stellen sowie dazu, wie Sie weiterhin Erste Hilfe leisten können.
Haben Sie kein Mobiltelefon dabei, dann können Sie auch Hilfe über eine Notrufsäule am Straßenrand herbeiholen. Diese stehen in einiger Entfernung voneinander entfernt.
Es bietet sich an – sollten Sie bislang der einzige Ersthelfer sein – sich bei anderen vorbeifahrenden Autofahrern bemerkbar zu machen und Ihre Hilfsbedürftigkeit anzuzeigen. Vor allem, wenn der Ersthelfer eine Notrufsäule ansteuern muss, sollte mindestens eine helfende Person vor Ort bleiben, um die Sofortmaßnahmen am Unfallort einzuleiten.
Verletzte bergen
Nicht immer ist es möglich, das Opfer aus seinem Fahrzeug zu befreien, wenn es eingeklemmt ist oder der Wagen vielleicht Feuer gefangen hat. Im Falle eines Brands zählt in erster Linie der Eigenschutz. Hier sollten Sie auf Hilfe von der Feuerwehr warten. Bei anderen Hindernissen, wie dem Gurt, können Sie versuchen diesen zu lösen oder durchzuschneiden. Anschließend können Sie den Verletzten langsam und vorsichtig aus dem Auto ziehen.
Prüfen Sie, ob der Betroffene ansprechbar und bei Bewusstsein ist. Sprechen Sie in einem ruhigen Ton mit der verletzten Person und versuchen Sie sie zu beruhigen und eventuell von den Schmerzen abzulenken. Dabei kann es nützlich sein, über Belangloses zu sprechen, wie zum Beispiel, nach dem Namen zu fragen. Sie sollten mit Zuversicht auf das Opfer einreden. Fragen Sie ebenso, wo der Verletzte Schmerzen hat. Nur so ist eine zielgerichtete Versorgung möglich.
Die Erste-Hilfe-Maßnahmen
Für den ein oder anderen mag es befremdlich sein, Erste Hilfe zu leisten und diverse lebensrettende Sofortmaßnahmen an einer vielleicht fremden Person anzuwenden. Doch manchmal kann es elementar sein, über seinen Schatten zu springen. Wenn es um die Erste Hilfe bei einem Unfall geht, dann zählt hier sowohl die Zumutbarkeit als auch die Erforderlichkeit mit hinein. Ist es also für einen Menschen zumutbar, dann muss er Erste Hilfe leisten, wenn dies erforderlich ist – und das ist es im Falle eines Unfalls. Je nach Notfallsituation sind die Gefahren für den Helfenden sowie seine persönlichen mentalen und physischen Kräfte maßstäblich heranzuziehen, wenn seine Hilfeleistung bewertet wird.
Erste Hilfe: Stabile Seitenlage
Lerninhalt eines jeden Erste-Hilfe-Kurses ist die stabile Seitenlage. Sie wird angewandt, um einen bewusstlosen Menschen in eine ideale Position zu bringen, in der sichergestellt wird, dass die Atemwege frei bleiben, damit Erbrochenes oder Blut ungehindert ablaufen kann. Mit der stabilen Seitenlage wird der Mund des Betroffenen zum tiefst gelegenen Punkt des Körpers. Ein Ersticken der Person wird damit verhindert.
Befolgen Sie diese Schritte, wenn Sie einen Verletzten in die stabile Seitenlage bringen möchten:
- Kontrollieren Sie die Atmung und das Bewusstsein der Person
- Ist die Person bewusstlos, dann leisten Sie Erste Hilfe und bringen Sie den Betroffenen in die stabile Seitenlage
- Knien Sie seitlich, in Höhe des Beckens neben dem Bewusstlosen, der auf dem Rücken liegen sollte
- Strecken Sie die Beine des Betroffenen und legen den nahegelegenen Arm des Verletzten angewinkelt nach oben. Die Handfläche sollte dabei ebenfalls nach oben zeigen.
- Greifen Sie nun nach dem anderen fernen Arm (am Handgelenk) und nach dem Knie des fernen Beins, um dieses zu beugen
- Winkeln Sie den fernen Arm an und ziehen diesen mit der Handfläche auf dessen gegenüberliegende Wange
- Ziehen Sie nun den Bewusstlosen zu sich auf die Seite, sodass das oben liegende Beim im rechten Winkel zur Hüfte ausgerichtet ist
- Ganz wichtig ist nun, dass Sie den Kopf des Betroffenen strecken, indem Sie diesen nach hinten neigen – so können die Atemwege frei bleiben
- Der Mund sollte leicht geöffnet werden
- Notfalls noch einmal die Hand an der Wange korrekt ausrichten, um ein Ersticken zu verhindern
- Um einer Auskühlung oder Überhitzung des Körpers vorzubeugen, können Sie nun die gold-silberne Erste-Hilfe-Decke aus dem Verbandskasten über den Betroffenen legen
- Jetzt sollten Sie den Krankenwagen mittels Notruf-Nummer 112 wählen
- In der stabilen Seitenlage ist ein permanentes Überprüfen der Atmung anzuwenden
In verschiedenen Videos auf etwaigen Internet-Plattformen können Sie sich die Ausrichtung und Anwendung der stabilen Seitenlage genauer mit Hilfe von Schauspielern oder Rettungsleuten anschauen, wie zum Beispiel hier erklärt vom Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.:
Erste-Hilfe: Herzdruckmassage und Beatmung
„Stayin‘ alive, ha ha ha ha stayin‘ alive…“ – dieser Bee-Gees-Song kann einem Helfer bei der Ersten Hilfe unterstützen, wenn er im Notfall eine Wiederbelebung durchführen muss. Damit kann der Helfer nämlich den richtigen Rhythmus bei der Herzdruckmassage einhalten. Dieser Song hat nämlich eine Frequenz von 100 bis 120 Beats pro Minute und mit dieser Periodik als Druckbewegung lässt sich der optimalste Blutfluss für ein nicht mehr schlagendes Herz erreichen. Das entspricht etwa zwei Druckbewegungen in der Sekunde.
Laut der aktuellen Erste-Hilfe-Anleitung für Herzdruckmassage und Beatmung ist diese Maßnahme in einem Verhältnis von 30 zu 2 durchzuführen, das bedeutet:
- 30x Herzdruckmassage
- 2x Atemspende
In Schritt 1 ist das Erkennen wichtig. Zeigt der Verletzte keine Reaktion – er ist nicht ansprechbar, sondern bewusstlos und es ist zudem auch keinerlei Atmung bzw. keine normale Atmung vorhanden – dann ist als Erste Hilfe Maßnahme die Herzdruckmassage erforderlich.
Schritt 2 sollte die Absetzung eines Notrufs sein. Am besten wäre es, wenn diesen ein zweiter Helfer wählt, damit Sie sofort mit der Wiederbelebung beginnen können.
Sollte ein AED-Gerät (Automatisierter Externer Defibrillator) in der Nähe vorhanden sein, dann können Sie auch diesen die lebensrettende Herz-Lungen-Massage durchführen lassen.
Ansonsten beginnen Sie sofort mit der Herzdruckmassage, wie oben beschrieben: 30x Herz massieren und 2x beatmen. Diesen Vorgang sollten Sie so lange durchführen, bis die Rettungskräfte eintreffen oder der Bewusstlose wieder normal zu atmen beginnt.
Es sollte ein fester Druck ausgeübt werden, sodass der Brustkorb etwa fünf Zentimeter tief eingedrückt wird. Auch, wenn es hier zu einem Rippenbruch kommen kann, ist dies wesentlich harmloser als ein Hirnschaden (tritt bereits nach fünf bis sieben Minuten ein) oder der Tod des Verletzten, welcher ohne die richtige Blutzufuhr schlimmstenfalls eintreten kann.
Übrigens: Bei der Erste-Hilfe-Beatmung ist die Entscheidung zu treffen, ob der Ersthelfer eine Mund-zu-Nase- oder eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchführt. Erstere wird von Experten empfohlen, da bei der Mund-zu-Mund-Beatmung häufig zu viel Luft in den Magen gelangt. Dies kann zum Erbrechen führen.
Erste Hilfe: Kinder in Not
Muss eine Wiederbelebung an einem Kind durchgeführt werden, dann gilt es hier besondere Vorsicht an den Tag zu legen. Kinder haben nämlich noch sehr kleine Lungen und Mägen – vor allem Säuglinge und Kleinkinder. Daher ist bei der Luftzufuhr zu beachten, dass dem Kind nicht zu viel Luft zugeführt wird. Auch, wenn die Hemmschwelle groß ist, die kleinen Rippen des Kindes zu brechen, so ist im Notfall auch eine Herzdruckmassage anzuwenden. Denn die Rippe ist reparabel, ein Hirnschaden nicht.
Knochenbrüche: Erste Hilfe leisten?
Die Erste Hilfe bei Knochenbrüchen ist schwierig. Liegt ein solcher beim Verletzten vor und er klagt über Schmerzen, dann sollten Sie die Stelle auf keinen Fall bewegen, da ansonsten schlimmere Schmerzen auftauchen und die Verletzung verschlimmert werden könnte. Nutzen Sie stattdessen die Wundauflage aus Ihrem Verbandskasten und kühlen Sie die Verletzung, um die Schmerzen zu lindern.
Achtung: In keinem Fall sollten Sie den Verletzten bewegen, wenn er eine Beschädigung an der Wirbelsäule aufweist, da dies ansonsten eine bedrohliche Verschlimmerung verursachen kann.
Erste Hilfe und Wundversorgung
Bei der Wundversorgung bedürfen Brandwunden vor allem einer Kühlung. Verkrustete Kleidungsstücke sollten jedoch in keinem Fall von der Wunde abgezogen werden. Mit einem Verbandtuch können Sie großflächige Verbrennungen abdecken und vor Infektionen schützen.
Bei stark blutenden Wunden sollte dringend ein Druckverband angelegt werden. Dafür sollten Sie zunächst eine Wundauflage auf die Stelle legen und anschließend mehrmals einen Verband darum wickeln. Darauf gilt es ein Druckpolster zu fixieren. Hierfür kann beispielsweise ein noch nicht gänzlich abgewickelter Verband genutzt werden. Hier muss dann erneut ein Verband mehrfach herumgewickelt werden.
Die Wunde sollte auf keinen Fall angefasst werden. Bestenfalls tragen Sie beim Anlegen des Druckverbandes medizinische Handschuhe. Nur große Fremdkörper sollten von der Wunde entfernt werden. Von Sprays oder Desinfektionsmitteln ist abzuraten. Um den Blutverlust zusätzlich einzuschränken, sollte das verwundete Körperteil möglichst hoch gelagert werden.
Alle notwendigen Verbandsmaterialien finden Sie in Ihrem Verbandskasten, den jeder Fahrer in seinem Auto haben muss.
Erste Hilfe: Motorradhelm abnehmen oder nicht?
Ein weit verbreiteter Mythos ist die Annahme, dass das Helm-abnehmen bei einem Unfall mit dem Motorrad zu unterlassen ist. Doch das ist ein Irrtum. Die Erste-Hilfe-Regeln schreiben sogar ausdrücklich vor, einem Bewusstlosen den Motorradhelm abzunehmen. Ansonsten könnte der Betroffene nicht in die stabile Seitenlage gebracht werden und so einen Erstickungstod oder einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden.
Zwar besteht durchaus die Chance, dass die Erste Hilfe beim Helm-Abnehmen einen Bruch des Halswirbels hervorruft, weil der Motorradhelm stützend wirkt, dennoch ist die Aussicht darauf relativ gering. Es ist allerdings wichtig, dass der Helm möglichst langsam und vorsichtig abgenommen wird.
Am besten klappt diese Erste Hilfe, zu zweit:
- Helfer 1 befindet sich kniend oberhalb des Kopfes des verunglückten Motorradfahrers und stabilisiert dessen Hals. Dafür umfasst er von der Seite je den Helm und den Unterkiefer des Betroffenen. Dabei zieht Helfer 1 den Kopf leicht zu sich.
- Helfer 2 kniet seitlich neben dem verletzten Körper. Er klappt das Visier hoch und öffnet den Kinnriemen. Gegebenenfalls muss er zuvor noch eine eventuell vorhandene Brille entfernen.
- Nun kann Helfer 2 von der Seite seine Hände unter den Helm schieben, den Kopf halten und dabei gleichzeitig den Halswirbel stabilisieren.
- Helfer 1 zieht jetzt mit aller Vorsicht den Motorradhelm vom Verunglückten ab.
- Helfer 1 ist wieder in der Position, den Kopf zu stabilisieren. Dabei fixiert er diesen mit seinen Zeigefindern und schiebt den Unterkiefer nach oben, um die Atemwege freizugeben. Diese Lage muss beibehalten werden, bis der Notarzt eintrifft.
Neuer Erste-Hilfe-Kurs ab Januar 2016
Den Erste-Hilfe-Kurs hat wohl jeder Führerscheinbesitzer schon einmal in seinem Leben absolviert. Er ist nämlich eine der Voraussetzungen für Führerschein und Fahrerlaubnis. Früher gab es die Anleitung für die Erste Hilfe verteilt über zwei Kurse an zwei Tagen. Ab Januar 2016 wird der Kurs für die Erste Hilfe an einem einzigen Tag durchgeführt.
Die Kurse werden von allen verschiedenen Rettungsdienstorganisationen angeboten und in einer kleinen Gruppensitzung abgehalten. Eine Wissensauffrischung ist bereits ab 20 bis 40 Euro zu haben – so viel kostet nämlich ein Erste-Hilfe-Kurs. Ab 2016 sollen die Kurse im Übrigen vermehrt praxisbezogen sein. Die Theorie tritt eher an den Rand – schließlich besagt die Erste Hilfe, dass Anpacken viel wichtiger ist, als langes Lesen zu diversen Erste-Hilfe-Anleitungen. Erste Hilfe kann Leben retten: Es liegt in Ihrer Hand.
Kurz & Kompakt: die Wichtigsten Regeln bei der Ersten Hilfe
FAQ: Erste Hilfe
Grundsätzlich ist jeder Mensch zur Ersten Hilfe verpflichtet, sofern dies ohne Selbstgefährdung möglich ist.
Unsere Grafik zeigt auf, wie die Erste Hilfe im Ernstfall richtig durchgeführt wird.
Dabei handelt es sich um unterlassene Hilfeleistung, welche gemäß Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe sanktioniert wird.