Seit Bekanntwerden des Abgasskandals ist fast kein Monat vergangen, in denen das Wort Diesel nicht durch die Medien ging. In Kombination mit dem Schlagwort „Fahrverbot“ führte das in der Vergangenheit zu viel Unsicherheit und Empörung.
Obwohl der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) pro Kubikmeter Luft (Jahresmittelwert) seit 2010 beschlossene Sache ist, hat sich in den Städten sehr wenig getan, um diesen einzuhalten. Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 2018, welches klarstellte, dass ein Diesel-Fahrverbot grundsätzlich zulässig ist, wurde es für viele deutsche Städte eng.
Durch Klagen (z. B. von der Deutschen Umwelthilfe e.V.) sind sie nun gezwungen, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um ein drohendes Diesel-Fahrverbot noch abzuwenden. Aber ist es dafür nicht schon zu spät? Was gegen Fahrverbote unternommen wird und wer davon betroffen ist, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
Überblick: Vom Skandal zum Fahrverbot
Der Dieselskandal hat sehr viel und gleichzeitig nur wenig mit dem viel diskutierten Diesel-Fahrverbot zu tun. Bereits knapp ein Jahrzehnt vor Bekanntwerden der Betrugsfälle von VW, BMW, Mercedes und Co waren sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einig: Der Schadstoffausstoff müsse insgesamt reduziert werden.
Dass das Auto wesentlich (jedoch nicht alleine) zu den hohen Emissionswerten in Städten beiträgt, ist klar. Dem Umweltbundesamt zufolge gehen die Schadstoffwerte in den Städten zu rund 40 Prozent auf das Konto des Verkehrs. Aus diesem Grund wurden schließlich auch die nunmehr fast 55 Umweltzonen in Deutschland eingerichtet.
Mit einem Diesel-Fahrverbot sind diese 2017 eingeführten Zonen nicht gleichzusetzen, denn bei den Zonen ging es in erster Linie darum, die Luft in städtischen Wohn- und Ballungsgebieten zu verbessern. Außerdem war eher allgemein von Feinstaub die Rede. Das Diesel-Fahrverbot richtet sich speziell gegen Kfz mit einem hohen NO2-Ausstoß, weil Stickstoffdioxid als besonders schädlich gilt.
Wer fordert das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge und warum?
Bereits 2010 wurde der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft (Jahresmittelwert) EU-weit beschlossen. Beinahe ein Jahrzehnt lang tat sich jedoch kaum etwas. Mit dem aufkommenden Dieselskandal wurde die Kritik an den Verbrennungsmotoren wieder lauter.
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) reichte unter dem Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch gegen Bundesländer und einzelne Städte Klage ein. Vor allem von betroffenen Autobesitzern, die das Diesel-Fahrverbot hart treffen würde, erfährt die DUH viel Kritik. Tatsächlich geht es aber nicht darum, Fahrverbote um jeden Preis durchzusetzen. Grundsätzlich gilt ein Diesel-Fahrverbot immer als letzte Maßnahme, wenn es den belasteten Städten nicht gelingt, den Grenzwert anderweitig zu erreichen.
Damit wurde vor allem eines bewirkt: Die Städte entwickelten ehrgeizigere Luftreinhaltepläne und traten nun wesentlich aktiver auf, als in den Jahren zuvor, wo die Einhaltung der Grenzwerte nicht so vehement eingefordert und deshalb vernachlässigt wurde.
Wiesbaden konnte sich beispielsweise außergerichtlich mit der DUH einigen und durch einen erfolgreichen und überzeugenden Luftreinhalteplan das Diesel-Fahrverbot noch abwenden. In einigen anderen Städten ist das (noch) nicht gelungen. Einige Urteile stehen diesbezüglich aus. In einigen Fällen gilt: Gelingt es, die Grenzwerte bis 2020 einzuhalten, gibt es kein Diesel-Fahrverbot.
Welche Dieselautos müssen beim Fahrverbot draußen bleiben?
Diesel enthält besonders viel NO2, weshalb in der Regel sämtliche Kfz mit Euro 1-4 vom Diesel-Fahrverbot betroffen sind. Je nach Region sind auch Euro-5-Diesel im Fahrverbot eingeschlossen. Euro 6 gehören jedoch nicht dazu.
Obwohl es gemeinhin als Diesel-Fahrverbot bekannt ist, trifft es vereinzelt auch Benziner, und zwar die der Euronorm 1 und 2. Für Verunsicherung sorgt derzeit noch die Kontrolle des Fahrverbots.
Eine blaue Umweltplakette soll es nicht geben. Ordnungshüter können meist nur stichprobenartig Die Euronorm der Fahrzeuge anhand der Zulassungsbescheinigung überprüfen. Im März 2019 beschloss der Bundestag eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), im Rahmen derer auch die elektronische Überwachung des Diesel-Fahrverbots für zulässig erklärt wurde.
Dabei sollen (ebenfalls nur stichprobenartig) Kennzeichen vorbeifahrender Kfz gescannt werden. Später kann dann durch Datenabgleich mit dem Kraftfahrt-Bundesamt überprüft werden, welche Euronorm das Kfz hatte.
Das Diesel-Fahrverbot betrifft diese Städte
In einigen Regionen ist die Lage unklar oder die Verhandlung steht noch aus. Folgende Städte sind mit einem Diesel-Fahrverbot konfrontiert, haben aber noch keine Entscheidung getroffen:
- Aachen
- Backnang
- Bochum
- Bonn
- Düsseldorf
- Dortmund
- Frankfurt
- Kiel
- München
- Reutlingen
Nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht der Städte, die das Diesel-Fahrverbot nicht mehr abwenden können, obwohl das Datum der Umsetzung vereinzelt noch verschoben wurde (z. B. Köln):
Stadt | Ab/seit wann? | Welche Kfz? |
---|---|---|
Berlin | Juni 2019 | Diesel mit Euro 1-5 |
Darmstadt | Juni 2019 | Diesel mit Euro 1-5, Benziner mit Euro 1-2 |
Essen | Juli 2019 | Diesel mit Euro 1-4 und 5 (ab Sept.), Benziner 1-2 |
Gelsenkirchen | Juli 2019 | Diesel mit Euro 1-5 |
Hamburg | Juni 2018 | Diesel mit Euro 1-5 |
Köln | April 2019 | Diesel mit Euro 1-4 und 5 (ab Sept.), Benziner 1-2 |
Mainz | September 2019 | Diesel mit Euro 5 (streckenweise), Diesel mit Euro 1-4 |
Stuttgart | Januar 2019 | Diesel mit Euro 1-4 |
Die Listen sind jeweils nicht abschließend.
Was unternehmen die Städte, um das Fahrverbot für Dieselautos zu verhindern?
Wie Sie obiger Liste bereits entnehmen konnten, steht das Diesel-Fahrverbot vielerorts noch auf der Kippe, sollte es den Verwaltungen der betroffenen Regionen gelingen, den NO2-Ausstoß bis 2020 zu senken. Zwar hat jede Stadt einen eigenen Luftreinhalteplan ausgearbeitet, im Großen und Ganzen finden sich aber meist folgende (oder ähnliche) Maßnahmen darin:
- Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
- Förderung von Elektromobilität
- Nachrüstung der städtischen oder kommunalen Flotte bzw. Umstellung auf Elektromobilität
- Ausbau und Erweiterung des Fahrradnetzes
- Maßnahmen zur Verbesserung des Verkehrsflusses (z. B. gesonderte Busspuren, Ampelschaltung)
- Streckenweises Herabsetzen des Tempolimits
- Lkw-Durchfahrverbote
Ein besonders kreativer Vorschlag kommt aus Reutlingen. Mit sog. photokatalytischer Farbe an Gebäuden und bei Fahrbahnmarkierungen will die Stadt zusätzlich zur Senkung der Werte beitragen. Die Farbe soll in der Lage sein, Schadstoffe aus der Luft abzubauen. Die DUH konnte die Stadt mit diesem Vorschlag nicht überzeugen.
Kann das Diesel-Fahrverbot durch die Gesetzesänderung abgewendet werden?
Im März 2019 beschloss der Gesetzgeber eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BimschG). Damit sollte das Diesel-Fahrverbot verhindert werden. Dem neuen § 40 Abs. 1a BimschG zufolge, sind Fahrverbote unverhältnismäßig, wenn der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft nur gering überschritten wird (bis 50 Mikrogramm).
Welche Auswirkungen diese jüngste Gesetzesänderung auf derzeit noch laufende Verhandlungen zum Diesel-Fahrverbot hat, ist nicht klar. Das liegt unter anderem daran, dass eine künftige Überprüfung z. B. durch den europäischen Gerichtshof nicht ausgeschlossen werden kann. Außerdem lässt die Änderung dem Wortlaut nach etwas Spielraum.
Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot
Zusammen mit der Gesetzesänderung des BimschG definierte der Bundestag einige grundsätzliche Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot. Demnach sollen folgende Kfz von einem solchen Verbot unberührt bleiben:
- Diesel mit Euro 6
- nachgerüstete kommunale Kfz (z. B. Feuerwehr, Müllabfuhr)
- nachgerüstete Kfz des ÖPNV
- nachgerüstete Liefer- und Handwerks-Kfz
- Altere Dieselfahrzeuge, die durch eine Nachrüstung nur noch 270 Milligramm NO2 pro Kubikmeter Luft ausstoßen
Ausgenommen sind außerdem Einsatzfahrzeuge (z. B. Krankenwagen, Feuerwehr, Kfz der Bundeswehr etc.). Zusätzlich steht es den Städten und Gemeinden frei, weitere Ausnahmen vom Fahrverbot festzulegen. Viele nehmen dieses Recht wahr und räumen zum Teil Ausnahmen für diese Personen ein:
- Anwohner
- Gewerbebetreiber
- Pflegedienste (z. B. Blindentransporte)
- Lieferverkehr
Die Sanktionen sind ebenfalls von Region zu Region unterschiedlich. Manche Städte behandeln einen Verstoß gegen das Diesel-Fahrverbot ähnlich wie einen Verstoß gegen die Umweltzone (mit 80 Euro Bußgeld). Andere Kommunen verlangen weniger oder sogar mehr Geld von den Dieselbesitzern (70 bis 100 Euro).
FAQ: Diesel-Fahrverbot
Untersuchungen haben gezeigt, dass in vielen deutschen Städten die Grenzwerte der EU für Stickoxide überschritten werden, was vor allem auf Autoabgase zurückzuführen ist. Um die Stickoxid-Emissionen zu senken, gelten deshalb in einigen Städten Fahrverbote für Fahrzeuge bestimmter Schadstoffklassen.
Nein. Obwohl umgangssprachlich meist von „Diesel-Fahrverboten“ die Rede ist, sind auch Benziner mit hohem Schadstoffausstoß betroffen.
Welche Ausnahmen gelten, erfahren Sie hier.