Oberflächlich betrachtet betrifft ein Verkehrsunfall nur die Unfallgegner. Doch bei genauerer Betrachtung können auch andere Personen am Unfall beteiligt sein. Außerdem sind gewisse Institutionen und Behörden bei der Aufarbeitung der Kollisionen involviert.
Wem gegenüber besteht nun nach einem Autounfall Meldepflicht? Ist ein meldepflichtiger Unfall denkbar, also ein Zusammenstoß der prinzipiell bei der Polizei angezeigt werden muss? Oder gibt es so etwas wie eine Meldepflicht gar nicht? Sind außerdem Versicherungen immer hinzuzuziehen? In diesem Ratgeber erhalten Sie Antworten auf diese Fragen.
Inhaltsverzeichnis
Wann ist ein Unfall meldepflichtig?
Zur Beurteilung der Frage, ob jeder Zusammenstoß im Verkehr auch ein meldepflichtiger Unfall ist, wollen wir einen Blick in die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) werfen. Paragraph 34 ist mit „Unfall“ überschrieben und fasst zusammen, welche Maßnahmen bei einem solchen unverzüglich zu treffen sind.
In Bezug auf die Unfallmeldepflicht ist zunächst Abschnitt 1 Nummer 5 Buchstabe b interessant. Dieser besagt, dass am Unfall Beteiligte
auf Verlangen den eigenen Namen und die eigene Anschrift anzugeben sowie den eigenen Führerschein und den Fahrzeugschein vorzuweisen und nach bestem Wissen Angaben über die Haftpflichtversicherung zu machen [haben.]
Die Meldepflicht besteht also zunächst nur gegenüber den anderen Unfallbeteiligten! Die Unfallgegner dürfen also nicht die Herausgabe wichtiger Informationen verweigern, die zur Feststellung ihrer Identität und ihres Versicherungsschutzes notwendig sind.
Beteiligte sind übrigens auch solche Personen, die vielleicht nicht direkt in den Unfall verwickelt waren, jedoch durch ihr Verhalten zu diesem beigetragen haben. Dies können beispielsweise Fußgänger sein, die die Fahrbahn betraten und Ausweichmanöver provoziert haben.
In Nummer 6 des ersten Abschnittes des 34. Paragraphen der StVO werden Unfallbeteiligte verpflichtet, so lange am Unfallort zu verbleiben, bis jeder die Gelegenheit hatte, die nötigen Informationen zu notieren. Außerdem wird hier bestimmt, dass auch ein Parkschaden ein meldepflichtiger Unfall ist. Haben Sie also ein parkendes Auto angefahren, sind Sie verpflichtet, eine den Umständen nach “angemessene Zeit” zu warten und dann unter Hinterlassung ihrer Kontaktdaten den Unfallort zu verlassen. Welche Zeit angemessen ist, muss im Einzelfall entschieden werden, sollte aber in der Regel 30 Minuten nicht unterschreiten.
Allerdings müssen Sie nach Verlassen des Unfallortes unverzüglich die nächste Polizeidienststelle aufsuchen, um nach einem solchen Unfall Ihrer Meldepflicht nachzukommen (siehe § 34 Abs. 1 Nr. 7 StVO).
Besteht bei einem Unfall Meldepflicht gegenüber der Polizei?
Die Polizei ist also dann zu verständigen, wenn der Geschädigte nicht bekannt ist. Es besteht darüber hinaus kein bei der Polizei meldepflichtiger Unfall.
Es ist prinzipiell jedoch dringend zu empfehlen, die Polizei hinzuzuziehen, wenn
- Personenschäden vorliegen,
- größere Versicherungsschäden entstanden sind,
- Drogen oder Alkohol im Spiel zu sein scheinen.
Die Polizei wird eine Unfallaufnahme vornehmen, die den Versicherungen und Gerichten später eine große Hilfe ist, um beispielsweise eine strittige Schuldfrage zu beantworten. Ein Gutachter kann anhand eines solchen Berichtes eine genauere Unfallanalyse erstellen.
Außerdem sollte die Polizei schnell eingeschaltet werden, wenn der Unfallgegner Anstalten macht, Unfallspuren zu beseitigen, bevor Sie diese dokumentieren konnten.
Welche Strafen drohen, wenn ein meldepflichtiger Unfall ignoriert wird?
Sollte ein Unfallbeteiligter den Unfallort verlassen, ohne gegenüber den Anderen seiner Meldepflicht nachzukommen, droht ihm laut Paragraph 142 des Strafgesetzbuches (StGB) eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn derjenige sich rechtzeitig besinnt und innerhalb von 24 Stunden die nächste Polizeidienststelle aufsucht, um seine Beteiligung am Unfall anzuzeigen.
Meldepflicht bei der Unfallversicherung
Gegenüber der eigenen Haftpflichtversicherung muss ein selbstverschuldeter Unfall in der Regel innerhalb einer Woche gemeldet werden. Nur so können Sie sicher sein, dass Ihre Versicherung den Schaden des Unfallopfers im Leistungsfall auch vollumfänglich übernimmt. Als Unfallopfer sollten Sie sich innerhalb von zwei Wochen an die gegnerische Unfallversicherung wenden und den Schaden melden.
Die einwöchige Meldepflicht an die Unfallversicherung wird in § 104 des Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vorgeschrieben. Abweichende Regelungen können in Ihrem Versicherungsvertrag jedoch festgehalten sein.
Besteht bei einem Wildunfall generell Meldepflicht?
Ein Sonderfall besteht, wenn es in einem Waldgebiet zum Wildunfall kommt. In diesem Fall bestimmen zunächst die Landesjagdgesetze der einzelnen Bundesländer, welche Maßnahmen zu treffen sind, und wem gegenüber es sich hier um einen meldepflichtigen Unfall handelt. Außerdem können sich Autofahrer, die angefahrenes Wild nicht melden, im Sinnes des Tierschutzgesetzes der Tierquälerei strafbar machen.
Prinzipiell ist der zuständige Jagdausübungsberechtigte in Kenntnis zu setzen, welcher sich um das Fallwild kümmert. Da dieser in der Regel nicht bekannt sein wird, ist alternativ die Polizei zu verständigen. Strafen haben Sie übrigens nicht zu erwarten, wenn Sie Ihrer Meldepflicht beim Wildunfall ordnungsgemäß nachkommen.
Im Gegenteil hat dies den Vorteil für Sie, dass der an Ihrem Auto verursachte Wildschaden durch die Meldepflicht gegenüber Ihrer Versicherung besser nachgewiesen werden kann. Denn der zuständige Förster oder Jäger kann Ihnen eine Bestätigung hierüber ausstellen, welche als Beweis für den Wildunfall gelten kann.
FAQ: Meldepflichtiger Unfall
Nach einem Unfall müssen alle Beteiligten die Möglichkeit haben, die notwendigen Daten notieren zu können. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, könnte es sich unter Umständen um Fahrerflucht handeln.
Nein, das müssen Sie nicht in jedem Fall. Haben Sie beispielsweise einen Kratzer verursacht und warten auf den Besitzer des Wagens, können Sie sich auch privat mit diesem einigen.
Wenn Sie die Nummer des jeweils zuständigen Jagdausübungsberechtigten nicht kennen, müssen Sie in aller Regel die Polizei in Kenntnis setzen.