Nach einem Verkehrsunfall steht neben einem Arztbesuch und dem Gespräch mit dem Rechtsanwalt oftmals auch eine Autoreparatur an. Die Kosten hierfür übernimmt im besten Fall die Versicherung. Doch in welchen Fällen ist die Versicherung für die anfallenden Autoreparaturkosten zuständig?
Welche Reparaturkosten Sie berechnen können und bis zu welcher Grenze die Kosten einer Autoreparatur übernommen werden, erläutern wir in diesem Ratgeber.
Dabei geben wir auch Tipps zur Vorgehensweise nach einem Unfall und erklären, was es mit der 130-Prozent-Grenze auf sich hat und ob diese auch für Kaskoschäden gilt.
Inhaltsverzeichnis
Welche Reparaturkosten die Versicherung übernimmt
Es gibt grundsätzlich unterschiedliche Kfz-Schadensfälle im Straßenverkehr. Entweder, Sie haben den Schaden selbst zu verantworten oder Sie sind unschuldig zu Schaden gekommen. Im letzten Fall ist zu unterscheiden, ob die Schuld bei einem anderen Verkehrsteilnehmer liegt, oder ob äußere Kräfte dazu geführt haben, dass ihr Kfz Schaden nahm (beispielsweise Steinschlag).
Jedenfalls muss oftmals das Auto zur Reparatur. Die Kosten hierfür können schnell hohe Beträge annehmen. Entweder zahlen Sie die Werkstatt zunächst aus, um sich die Kosten der Autoreparatur später von der Versicherung erstatten zu lassen oder sie treten die Schadensersatzansprüche an die Werkstatt ab.
Doch welche Reparaturkosten werden letztlich übernommen? Wir klären auf!
Reparaturkosten im Haftpflichtfall
Ist einem Verkehrsteilnehmer durch die Schuld eines anderen ein Schaden am Fahrzeug entstanden, so ist des Schädigers Haftpflichtversicherung im Rahmen der Schadensregulierung dazu verpflichtet, sämtlich anfallende Kosten zu übernehmen – so auch die Reparaturkosten.
Das geht insbesondere aus Paragraph 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hervor:
Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
Doch nicht selten stellt sich die Versicherung der Gegenseite quer und beanstandet die eine oder andere Schadensposition. Auch bei der Kfz-Reparatur können Kosten anfallen, die die Haftpflicht des Schädigers im schlimmsten Fall nicht übernimmt und lieber einen Rechtsstreit riskiert.
Wie sollte ich vorgehen, um vollen Anspruch auf Erstattung der Kfz-Reparaturkosten zu haben?
Nach einem Unfall sollten Geschädigte das Unfallauto je nach Zustand entweder in einer Garage unterbringen oder in einer Werkstatt deponieren. Im nächsten Schritt bestellen Sie einen Privatgutacher, der den Schaden genau untersucht.
Das Kfz-Gutachten enthält eine detaillierte Auflistung der Schäden und kann auch eine Einschätzung zu den voraussichtlich anfallenden Reparaturkosten enthalten. Je nach Ergebnis dieses Gutachtens kann die Versicherung einen eigenen Gutachter mit einer Einschätzung des Schadens beauftragen. Für beide Gutachten kommt die Versicherung des Schädigers auf.
Nun kann es vorkommen, dass die Versicherung vor der Autoreparatur einen Kostenvoranschlag der Werkstatt sehen will, um beispielsweise die voraussichtlichen Kosten mit den Kosten einer anderen Werkstatt abzugleichen. Zwar sind Sie nicht verpflichtet, die Werkstatt zu wechseln, denn wo Sie das Auto reparieren lassen, ist zunächst ganz Ihre Entscheidung.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Wahl der Reparaturstätte objektiv vernünftig sein muss. Diese sollte also beispielsweise nicht mehrere Kilometer von Ihrer Heimatstadt entfernt liegen.
Im nächsten Schritt geben Sie der Werkstatt einen Auftrag zur Reparatur des Unfallautos. Auf der Rechnung für die Reparaturkosten sollten nur die Positionen angegeben sein, die Sie auch in Auftrag gegeben haben – diese Arbeiten müssen außerdem mit dem Unfallschaden zusammenhängen. Es muss also sogenannte Reparaturwahrheit vorliegen.
Im Anschluss können Sie den Schadensersatzanspruch für die Reparaturkosten an die Werkstatt abtreten oder die Rechnung bezahlen, um diese dann der Versicherung vorzulegen.
Fiktive Reparaturkosten – Schadensregulierung ohne Reparatur
Ein Geschädigter kann sich im Haftpflichtfall auch dagegen entscheiden, den Unfallwagen reparieren zu lassen. Leer geht er in diesem Fall trotzdem nicht aus: Die fiktiv anfallenden Reparaturkosten muss die Versicherung dennoch auf sein Konto überweisen.
Dabei muss sich der Geschädigte übrigens nicht auf ein vorliegendes Gutachten mit der Mittelwertberechnung für fiktive Reparaturkosten verweisen lassen. Vielmehr kann er erwarten, den Betrag ausgezahlt zu bekommen, der laut Kostenvoranschlag der andernfalls beauftragten Werkstatt angefallen wäre.
Hierzu liegt ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 29. April 2003 vor (Aktenzeichen VI ZR 398/02 ). In diesem wurde entschieden, dass einer Klägerin die fiktiven Reparaturkosten einer teuren Markenwerkstatt (Porsche) zustanden und sie sich nicht mit dem Betrag einer günstigeren Abrechnung zufrieden geben musste, nachdem Sie das Unfallauto ohne Reparatur veräußert hatte.
Schadensminderungspflicht: Die Kosten der Autoreparatur müssen realistisch sein
Allerdings ist ein Geschädigter trotz Wahlfreiheit an die Schadensminderungspflicht gebunden. Er sollte beispielsweise keine Volllackierung seines Autos in Auftrag geben und die Reparaturkosten dadurch in die Höhe treiben, obwohl eine Teillackierung zur Wiederherstellung des Urzustandes seines Autos gereicht hätte. Denn die Versicherung kann die Kostenübernahme in solchen Fällen berechtigt zurückweisen.
Anders sieht es aus, wenn die Reparaturkosten höher ausfallen, als zunächstvorauszusehen war. Die Versicherung muss die Kosten übernehmen, wenn die in Auftrag gegebenen Reparaturen objektiv notwendig waren, um den Unfallschaden zu beheben. Sie trägt das sogenannte Werkstattrisiko, welches dem Geschädigten nicht zuzumuten ist.
Die 130-Prozent-Grenze
Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt versicherungsrechtlich vor, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Die Rechnung ist einfach. Hierfür stellen Sie einfach den Wert des Autos vor dem Unfall und die Reparaturkosten gegenüber.
Versicherungen sind in der Regel dazu verpflichtet, Reparaturkosten zu übernehmen, die bis zu 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes betragen. Dies wurde in einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes am 15.10.1991 beschlossen (Az. ZR 314/90).
Dass selbst die Reparaturkosten für einen Totalschaden in einem gewissen Rahmen übernommen werden müssen, begründet sich im Integritätsinteresse des Geschädigten. Dieser hat ein Recht darauf, ohne Schaden und Beeinträchtigung aus einem unverschuldeten Unfall hervorzugehen, insofern das im Rahmen der Möglichkeiten liegt.
Reparaturkosten im Kaskofall
Bei Schäden, die durch eigenes Verschulden hervorgerufen werden oder wenn kein Schuldiger auszumachen ist, springt in in der Regel die Kaskoversicherung ein und übernimmt für den Unfallschaden die Reparaturkosten.
Allerdings ist der Rahmen für die Übernahme der Reparaturkosten durch die Kaskoversicherung sehr eng gesteckt und solche Regelungen wie die 130-Prozent-Grenze sind hier nicht anwendbar. Die ersatzpflichtigen Positionen werden sämtlich im Versicherungsvertrag festgelegt – ein Versicherungsvergleich kann sich also lohnen.
Steuererklärung: Kann ich Reparaturkosten absetzen?
Steuerlich absetzbar ist prinzipiell, was mit geschäftlichen Ausgaben verbunden ist. So können Reparaturkosten beim Auto nur steuerlich geltend gemacht werden, wenn
- der Unfall mit dem Dienstwagen im Einsatz geschehen ist oder
- ein Wegeunfall (Unfall auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause) vorliegt.
Außerdem spielen die Reparaturkosten für die Steuererklärung nur dann eine Rolle, wenn Sie diese selbst tragen mussten. Haben Sie die Kosten von der Versicherung oder vom Arbeitgeber erstattet bekommen, sind in diesem Zusammenhang keine steuerlichen Erlasse möglich.
FAQ: Reparaturkosten
In der Regel muss die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers den Schaden übernehmen. Bei einem selbstverschuldeten Unfall zahlt die Versicherung nur den Schaden am eigenen Kfz, wenn Sie einen entsprechenden Kaskoschutz eingerichtet haben.
Handelt es sich um einen Totalschaden und würden die Reparaturkosten die Wiederbeschaffungskosten übersteigen, werden sie nicht mehr übernommen.
Sie können die Reparatur- oder die Unfallkosten absetzen, wenn der Schaden auf einer für die Arbeit relevanten Fahrt entstand oder es sich um den Dienstwagen handelte.