Das Verkehrsrecht ist sehr komplex. Das ist mitunter der Grund, warum sich Anwälte auf bestimmte Bereiche davon spezialisieren. So kennt sich ein Anwalt für Verkehrsstrafrecht besonders mit den Verkehrsdelikten im Strafrecht aus.
Diese sind zunächst von Verkehrsordnungswidrigkeiten zu unterscheiden. Ein einfacher Geschwindigkeitsverstoß stellt normalerweise keine strafbare Handlung dar, sondern eine ordnungswidrige. Diese Unterscheidung spielt vor allem für die Rechtsfolgen und das Verfahren selbst eine Rolle.
Wie das Strafgesetzbuch (StGB) den Straßenverkehr betreffende Verstöße bewertet, welche das sind und wie sie geahndet werden, erfahren Sie im Folgenden.
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Verkehrsdelikte im Strafrecht: Abgrenzung zu Ordnungswidrigkeiten
Um das Verkehrsstrafrecht näher zu definieren, möchten wir zuerst auf den Unterschied zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit eingehen. Erstere wird im Strafgesetzbuch, Letztere im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geregelt.
Es ist allerdings nicht so, dass das Strafgesetzbuch nur den Verkehr abdeckt. Auch das OWiG befasst sich nicht nur mit Verkehrsverstößen. Vielmehr enthalten sie Regelungen speziell zu ordnungswidrigen oder strafbaren Handlungen, die im Straßenverkehr passieren oder in einen Zusammenhang damit gebracht werden können.
Wer beispielsweise ein Kfz führt, für das keine Haftpflichtversicherung vorliegt, verstößt in erster Linie gegen das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG). Dieses ordnet die Tat in § 6 PflVG allerdings als Straftat ein. Weil es sich außerdem um ein Delikt handelt, das mit dem Straßenverkehr in Verbindung steht, kann von einem verkehrsstrafrechtlichen Tatbestand gesprochen werden.
Diese Straßenverkehrsdelikte kennt das Verkehrsstrafrecht
Kommen wir nun zu den eigentlichen Verkehrsstraftaten, also allen Delikten im Straßenverkehr, die einen Straftatbestand im Verkehrsstrafrecht erfüllen. Diese finden sich vorwiegend im Strafgesetzbuch, aber auch im Straßenverkehrsgesetz (StVG), dem Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) und dem bereits erwähnten PflVG:
Tatbestand | Gesetz | Maximales Strafmaß |
---|---|---|
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Fahrerflucht) | § 142 StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre |
Fahrlässige Tötung | § 222 StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
Fahrlässige Körperverletzung | § 229 StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre |
Nötigung (z. B. beharrliches Drängeln) | § 240 StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre |
Unbefugte Nutzung eines Fahrzeugs | § 248b StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre |
Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr | § 315b StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
Gefährdung des Straßenverkehrs | § 315c StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
Verbotene Kraftfahrzeugrennen | § 315d StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahre |
Trunkenheit im Verkehr | § 316 StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr |
Räuberischer Angriff auf Kfz-Fahrer | § 316a StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre (in schweren Fällen bis zu 10 Jahre) |
Vollrausch | § 323a StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
Unterlassene Hilfeleistung | § 323c StGB | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr |
Führen eines Kfz ohne Haftpflichtversicherung | §§ 1 und 6 PflVG | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr |
Fahren ohne Fahrerlaubnis | § 21 StVG | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr (bei Fahrlässigkeit 6 Monate) |
Kennzeichenmissbrauch | § 22 StVG | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr |
Hinterziehung der Kraftfahrzeugsteuer | §§ 1 und 2 KraftStG und § 370 Abgabenordnung | Geld- oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
Welche Rechtsfolgen hält das Strafrecht für Verkehrsdelikte bereit?
Was bei gewöhnlichen Verkehrsverstößen blüht, wissen alle Autofahrer: Bußgeld, Punkte und Fahrverbot. Im schlimmsten Falle wird die Fahrerlaubnis entzogen. Fahranfänger in der Probezeit müssen je nach Verstoß auch mit der Verlängerung der Probezeit und einem Aufbauseminar rechnen.
Die Bußgeldstelle kann die Sanktionen entsprechend der Bußgeldkatalog-Verordnung bzw. mithilfe des Bußgeldkatalogs festsetzen. Die Bußgeldsätze sind genau geregelt. Beispiel: Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h innerorts kostet 160 Euro, außerdem kassiert der Verkehrssünder zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot.
Ganz anders verhält es sich im Verkehrsstrafrecht. Hier kommen folgende Strafen in Betracht:
- Freiheitsstrafe: Wie lange Betroffene hinter Gitter müssen, richtet sich nach der Art und Schwere der Straftat. Illegale Autorennen können z. B. mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden, eine Gefährdung des Straßenverkehrs mit bis zu fünf Jahren.
- Geldstrafe: Anders als die Geldbuße wird sie je nach Schwere des Vergehens und wirtschaftlicher Situation des Betroffenen in Tagessätzen berechnet.
- Fahrverbot (in Strafsachen gem. § 44 StGB): Dieses ist nicht mit dem „gewöhnlichen“ Fahrverbot nach § 25 StVG zu verwechseln. Es kann zwischen ein bis sechs Monate dauern, also wesentlich länger als das Fahrverbot in Bußgeldsachen, das auf maximal drei Monate beschränkt ist.
- Fahrerlaubnisentzug: Oftmals geht eine Verkehrsstraftat mit der Entziehung der Fahrerlaubnis und einer entsprechend langen Sperrzeit einher.
- Eintrag ins Register: Das Verkehrsstrafrecht verlangt nicht nur einen Eintrag in das Fahreignungsregister (FAER), sondern auch in das Bundeszentralregister (BZR), welches alle Verurteilungen durch deutsche Strafgerichte enthält.
So gestaltet sich das Strafverfahren im Verkehrsstrafrecht
Es wurde bereits festgestellt, wie wichtig die Unterscheidung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten ist. Nun möchten wir noch auf einen weiteren wichtigen Punkt eingehen, denn der Unterschied spielt auch für das Verfahren selbst eine Rolle.
Während das Bußgeldverfahren bei Verkehrsordnungswidrigkeiten durch das OWiG geregelt ist, richtet sich das Verfahren im Verkehrsstrafrecht nach der Strafprozessordnung (StPO). Verkehrsstraftaten werden nicht durch die Verwaltungsbehörde (z. B. Ordnungsamt), sondern immer durch die Staatsanwaltschaft verfolgt und durch ein Strafgericht geahndet. Der Ablauf gestaltet sich wie folgt:
- Ermittlungen durch die Polizei
- Prüfen der Ermittlungsakten durch die Staatsanwaltschaft, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt
- Antrag beim Gericht auf Erlass eines Strafbefehls
- Anklageerhebung
Falls zu einem früheren Zeitpunkt schon festgestellt wird, dass kein hinreichender Tatverdacht besteht, wird das Verfahren üblicherweise eingestellt.
FAQ zum Verkehrsstrafrecht
Zu den typischen Straftaten im Verkehr gehören z. B. Fahrerflucht, Gefährdung des Straßenverkehrs, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Trunkenheitsfahrt etc.
Üblicherweise werden Straftaten mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet. Das Strafmaß hängt von der Schwere der Tat ab.
Nicht unbedingt. Bei schweren Vorwürfen ist der rechtliche Beistand aber ratsam. Vor höheren Instanzen (z. B. Landgericht, Oberlandesgericht) ist ein Anwalt sogar Pflicht.